
Szene 2 – St.-Georg-Platz
~ Die Zeit von Mitte des 15. Jahrhunderts bis etwa 1810 ~
Im ausgehenden Spätmittelalter war Bocholt zu einer ansehnlichen, mittelgroßen Stadt herangewachsen. Als „Ackerbürgerstadt“ war das innerstädtische Leben von Landwirtschaft geprägt. Gleichzeitig blühten Handwerk und Handel. Die Stadt wuchs derart, dass sie 1310 nach Osten und Süden erweitert und die Stadtbefestigung größer gezogen werden musste. Dabei entstand das erste „Neubaugebiet“ – der „Schonenberg“ und ein neues südliches Stadttor, welches seither schlicht „Neutor“ genannt wird.
Viele Handwerker schlossen sich zu Gemeinschaften zusammen. Diese Gilden, in Bocholt auch Ämter genannt, regulierten und kontrollierten ihren jeweiligen Berufszweig. Preise und Löhne wurden hier festgeschrieben. Gleichzeitig boten die Ämter soziale Absicherung der Handwerksmeister und ihrer Familien. Die Fleischhauergilde war die Älteste, gefolgt von der Crispinusgilde, dem Zusammenschluss der Schuhmacher.
Erst 1569 kam die Baumwollgilde hinzu – ein Zeichen dafür, dass sich die für die Stadtentwicklung später so wichtige Textilherstellung in Bocholt etabliert hatte.
Neben dem regelmäßigen Wochenmarkt gab es seit dem Spätmittelalter auch Jahrmärkte in der Stadt. Erst einen, später wuchs ihre Zahl über die Jahrhunderte bis auf fünf an. Neben Händlern von nah und fern lockten sie auch Gaukler und Schausteller in die Stadt, so dass diese Märkte auch Volksfestcharakter hatten. Der wichtigste dieser Jahrmärkte war schon damals die Kirmes, das Kirchweihfest der St. Georgskirche. Sie wird seit der Einweihung des heutigen Kirchenbaus im Jahr 1455 gefeiert.
Trotz des bescheidenen wirtschaftlichen Wohlstandes wurde Bocholt aufgrund der Grenzlage immer wieder in kriegerische Auseinandersetzungen zwischen den Mächtigen hineingezogen. Die Stadt war verpflichtet, dem Bischoff ein militärisches Aufgebot aus bewaffneten Bürgern zu stellen, wann immer er es forderte. Ebenso waren die Bocholter nach den Stadt- Statuten verpflichtet, ihre Stadt im Belagerungsfall zu verteidigen. Im 15. Jahrhundert musste daher jeder Bürger mindestens einen Harnisch (Oberkörperrüstung), einen eisernen Hut (Helm) und einen Spieß als Waffe besitzen. In dieser Zeit bildeten sich die ersten Schützengilden zur Verteidigung der Stadt heraus, von denen die Georgius Schützen von 1407 noch heute existieren.